Gestörte Lieferketten, Krieg, Corona-Pandemie: Seit gut zwei Jahren befindet sich die Welt im Dauerkrisenmodus. Umso stärker ist der Wunsch nach „krisensicheren“ Geldanlagen. Wie aber schlagen sich beliebte Sachwerte im Krisenfall wirklich?
Wie schlagen sich klassische Sachwerte im Krisenfall?
Pandemie, Inflation, Ukraine-Krieg: Wir leben in unsicheren Zeiten und der Wunsch nach krisensicheren Geldanlagen ist groß. Denn seien wir ehrlich: Geldwerte gehören so gut wie immer zu den Krisenverlierern. Das gesamte Vermögen einfach auf dem Bankkonto zu parken, ist daher selbst mit Blick auf mögliche Krisen keine besonders gute Idee. Sachwerte sind da eine ungleich bessere Alternative. Allerdings gibt es auch hier beträchtliche Unterschiede. Grund genug, die beliebtesten Sachwerte auf ihre historische Krisenfestigkeit abzuklopfen. Dabei habe ich insbesondere extreme Krisen wie Kriege, Naturkatastrophen und Hyperinflation im Blick.
Aktien – Guter Krisenanker, der Know-how (und vielleicht auch etwas Glück) erfordert
Zugegeben, mit Aktien fuhren Anleger in den letzten 100 Jahren nicht gerade schlecht. Während der Hyperinflation in Deutschland zwischen 1914 und 1923 konnten nervenstarke Anleger ihr Vermögen – trotz massiver Schwankungen – mit Aktien zumindest teilweise halten. Und auch nachdem Aktionäre im Zuge der Währungsreform nach dem Zweiten Weltkrieg bittere Einbußen hinnehmen mussten, vervielfachten sich die Kurse in den nächsten Jahren und Jahrzehnten in rasantem Tempo. Sind Aktien also eine krisensichere Wertanlage? Kommt ganz darauf an. Ist ein Portfolio breit gestreut und hat günstige Schwerpunkte gesetzt, können Anleger tatsächlich gut durch Krisenjahre navigieren. Hat man bis dato allerdings vornehmlich auf Unternehmen gesetzt, die in einer Krisensituation nun reihenweise insolvent gehen, haben Aktien keinen nennenswerten Krisenschutz. Hinzu kommt auch noch die psychische Komponente – nicht jeder kann Verluste von mehr als die Hälfte seines Vermögens verkraften, vor allem, wenn diese über Jahre andauern.
Anleihen – Hundertprozentig „krisensichere Anleihen“ gibt es nicht
Um die Krisensicherheit von Anleihen – gerade mit Blick auf angeblich sichere Staatsanleihen – ist es historisch gesehen nicht gerade gut bestellt. Wohin man in Europa auch blickt, immer wieder sind vermeintlich finanzstarke Staaten Pleite gegangen. Allein Deutschland war in seiner Geschichte bereits 8-mal zahlungsunfähig, meist in der Folge von extremen Krisen wie Kriegen. Das letzte Mal trat dieser Fall nach dem Zweiten Weltkrieg. Für Anleger bedeutet das in der Regel: Totalverlust.
Immobilien – In der Masse krisensicher, im Einzelfall akut gefährdet
Inflation und Währungsreformen konnten Immobilien im letzten Jahrhundert wenig anhaben. Im Gegenteil: In Zeiten hoher Inflation profitierten Immobilienbesitzer, die sich ihr Haus auf Kredit finanziert hatten, sogar. Ihre Schulden wurden von Tag zu Tag weniger. So erweisen sich Immobilien tatsächlich als vergleichsweise krisensichere Anlage und können – zumindest in dieser Hinsicht – zurecht als „Betongold“ bezeichnet werden. Ein gewichtiges „Aber“ schwingt aber auch bei vermeintlich krisensicheren Immobilien-Investments mit. So stimmt es zwar, dass Inflation bis zu einem gewissen Grad auch Schulden frisst. Bei einer Währungsreform allerdings werden Schulden keineswegs getilgt. Sie werden lediglich in einem bestimmten Verhältnis umgestellt. Dabei kann der Nennwert der Schulden im Vergleich zu Guthaben sogar noch steigen, was Kredite zur Kostenfalle machen kann. Letzteres war beispielsweise bei der Währungsreform 1948 der Fall.
Hinzu kommt: Die Krisensicherheit ist lediglich ein statistisches Phänomen, das sich nur in der breiten Masse zeigt. So ist es keine Seltenheit, dass ein einzelnes Haus im Kriegsfall vollständig zerstört wird. Bevölkerungsrückgänge können eine Gegend hart treffen – und die regionalen Immobilienpreise nachhaltig in den Keller gehen lassen. Und eine ungünstig geplante Umgehungsstraße kann den Wert des vermeintlich sicheren Immobilien-Investments halbieren. In puncto Krisensicherheit haben Immobilien also einen gewichtigen Nachteil: Sie sind im wahrsten Sinne des Wortes „immobil“ – und damit Krisen unterschiedlichster Art auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.
Gold – der sichere Hafen
Gold wird meist als der Krisenschutz schlechthin gehandelt. Aber wird das Edelmetall seinem Ruf auch gerecht? Zumindest in puncto Inflationsschutz ist die Sache klar – Gold kann von Regierungen nicht nach Belieben vermehrt werden, wird weltweit akzeptiert und ist damit in der Lage, die Kaufkraft über viele Generationen hinweg zu erhalten. Das gilt auch bei extremen Krisen wie Kriegen. Ein Goldbarren behält seinen Wert dabei auch dann, wenn er stark beschädigt worden ist. Die einzige echte Gefahr für Goldanleger im Krisenfall ist ein Goldverbot. Ob sich eine deutsche Regierung zu diesem höchst unpopulären Schritt jemals wieder wird durchringen können, steht in den Sternen. Zwei Gründe sprechen dagegen:
- Die Summe des Goldbesitzes ist, im Vergleich zum gesamten Immobilienvermögen, äußerst klein. Ein “Lastenausgleich” wie 1952 wäre wesentlich effektiver und auch wesentlich einfacher umzusetzen.
- Das Durchsetzen von Goldverboten wäre sehr aufwändig und würde trotzdem jede Menge Schlupflöcher bieten.
Fazit: Krisensicherheit klassischer Sachwerte im Vergleich
Wir halten fest: Klassische Sachwerte haben als Vermögensanlage alle ihre Berechtigung. Bei extremen Krisen allerdings schlagen sie sich unterschiedlich gut. Müsste ich ein Ranking hinsichtlich der Krisensicherheit vergeben, sähe dies auf einer Skala von 1 bis 5 Punkten wohl folgendermaßen aus:
- Anleihen: 1/5
- Aktien: 2/5
- Immobilien: 3/5
- Gold: 5/5
Gold mag im Ranking am besten wegkommen, aber auch ein Blick über den goldenen Tellerrand lohnt sich. Immerhin gibt es unter den Wahren Werten noch viele weitere krisenfeste Rohstoffe. Für weitere Informationen empfehle ich Ihnen die Lektüre unseres kostenfreien Praxisratgebers „Geldwerte, Sachwerte, Reine Werte“. Hier lesen Sie unter anderem
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