Schreckgespenst Stagflation und das Dilemma der EZB

von Marko Mähner27. Juli 2022

Droht Europa die gefürchtete Stagflation? Was steckt hinter dem Begriff und wie müssen Zentralbanken jetzt reagieren? In diesem Beitrag spiele ich das Szenario der Stagflation durch – und beleuchte, was letztere für Anleger bedeutet.  

Jetzt auch noch Stagflation? Die Welt in der Vielfachkrise

Gestörte Lieferketten im Zuge der noch immer nicht überwundenen Corona-Krise, Inflation, Krieg in Europa: Die Zeichen stehen auf Sturm – auch und besonders für die europäische Wirtschaft. Tatsächlich droht mit der Stagflation ein Szenario, das westliche Industrieländer aus den 1970er Jahren kennen. Stagflation beschreibt dabei das Zusammentreffen einer stagnierenden oder gar schrumpfenden Wirtschaft bei gleichzeitig hoher Inflation. Die Folgen einer länger andauernden Stagflation sind toxisch. Es drohen steigende Arbeitslosigkeit und eine Inflation, die sich über die berüchtigte Lohn-Preis-Spirale, zunehmend verselbstständigt. Vor allem aber bedeutet Stagflation für den Großteil der Menschen erhebliche Realeinkommens- und Vermögensverluste. 

Zentralbanken in der Zwickmühle

Zu verhindern, dass die Inflation außer Kontrolle gerät und eben jene Spirale sinkenden Wohlstands in Gang setzt, ist die Kernaufgabe der Zentralbanken. Eigentlich. Denn bei einer (drohenden) Stagflation ist die Lage komplizierter. Das große Problem: Um sich gegen die Inflation zu stemmen, müssten die Zentralbanken die Zinsen massiv erhöhen. Das allerdings trifft die ohnehin angeschlagene Wirtschaft ins Mark – und könnte eine langanhaltende Rezession nach sich ziehen. Für Zentralbanken ergibt sich also ein grundlegender Widerspruch, der nicht aufgelöst werden kann: 

  • Die anziehende Inflation müsste mit Zinserhöhungen bekämpft werden.
  • Die schwächelnde Wirtschaft müsste mit niedrigen Zinsen stimuliert werden. 

Dass die Europäische Zentralbank (EZB) noch immer vergleichsweise zögerlich bei der Leitzinserhöhung vorgeht, hat also einen guten Grund. Ohnehin scheint es nahezu ausgeschlossen, dass die Zentralbanken mit derart entschiedenen Zinserhöhungen auf die drohende Stagflation reagieren wie in den 1970er Jahren. Immerhin ist die globale Staatsverschuldung heute gut doppelt so hoch wie damals. Bei zu stark steigenden Zinsen könnten viele Staaten ihre Schulden kaum noch tragen. Es würde ein Kollaps ungeahnten Ausmaßes drohen. 

Die EZB befindet sich also in einer Zwickmühle, aus der es keinen sauberen Ausweg gibt. Im besten Fall gelingt es, die Inflation mit überschaubaren Zinserhöhungen nicht vollends außer Kontrolle geraten zu lassen und gleichzeitig die Wirtschaft vor einem allzu tiefen Absturz zu bewahren. Für Sparer und Anleger sind auch diese Aussichten nicht gut, aber immer noch besser als beim Worst-Case-Szenario einer langanhaltenden Stagflation, das ich hier gar nicht erst an die Wand malen will. 

Investieren in Krisenzeiten

In Zeiten von Inflation oder Stagflation sind Möglichkeiten, das eigene Vermögen zu erhalten, rar gesät. Immerhin verlieren in diesem Umfeld auch klassische Sachwerte wie Aktien teils massiv – die Kurse von Mitte Juni müssen noch längst nicht die Tiefstwerte gewesen sein. Und auch die Wertentwicklung von Immobilien dürfte erstmals seit langem wieder nach unten gehen. Einfach den Kopf in den Sand stecken dürfen Anleger aber auch nicht, denn auf dem Konto schmilzt das Geld im noch immer niedrigen Zinsumfeld teils noch schneller (und vor allem unwiederbringlich) dahin. 

Gefragt ist eine – auf lange Sicht – krisen- und inflationssichere Anlage. Hierbei landen Anleger in der Regel bei Gold. Und das völlig zurecht. Der Blick zurück in die stagflationären 1970er in den USA zeigt, dass Gold im Vergleich zu anderen Anlageklassen in Zeiten der Stagflation besser performte. Das geht aus einer Analyse des World Gold Councils (englisch) hervor. Natürlich ist die damalige Situation nicht 1:1 auf heute übertragbar. Dennoch spricht – gerade bei einem langen Anlagehorizont – viel für ein Gold-Investment. Immerhin gilt das Edelmetall als der Inflationsschutz schlechthin. 

Wahre Werte als Investment

Neben Gold können allerdings auch andere Wahre Werte für ein Investment in Krisenzeiten in Frage kommen. Sie interessieren sich für eine entsprechende Anlage? Dann empfehle ich Ihnen zunächst die Lektüre unseres kostenfreien Praxisratgebers „Geldwerte – Sachwerte – Reine Werte“. Hier erfahren Sie unter anderem,

  • warum Gold schon seit Jahrtausenden dem Kaufkrafterhalt dient,
  • wo die einzigartigen Vorteile der Zwitterrolle von Silber liegen,
  • ob sich ein Investment in Platin oder Palladium für Sie eignen könnte und 
  • welche Spielregeln beim Investment in Seltene Erden und Technologiemetalle gelten.

Übrigens: In einem meiner nächsten Beiträge werde ich gleich mehrere Sachwerte auf ihre (historische) Krisenfestigkeit abklopfen. 

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